Programmheft Wintersemester 1998/99
Anmerkungen zum Programm:
„Mit Aufnahme und Vorbereitung dieses Oratoriums durfte ich sehr zufrieden sein, denn es hat sich nie eine tadelnde Stimme dagegen erhoben, so oft es auch aufgeführt wurde.“ (Louis Spohr in „Lebenserinnerungen“)
Gerade, weil in unserer heutigen technisch-informatisierten Welt das Milleniumsende seine Schrecken – in Form von Horrorszenarien für das Jahr 00 – vorauswirft, sollte dies für uns Anlass sein, eine romantische Vertonung der Apokalypse darzubieten.
Wo die Entwicklung des Oratoriums bei Haydn zu seiner Schöpfung und zu den Jahreszeiten – metaphorisch für den Anfang der Welt/des Lebens und bzw. den Ablauf der Jahre/den menschlichen Lebenszyklus stehend – geführt hat, knüpft Spohr mit seinem meisterhaft gelungenen Werk „Die letzten Dinge“ nicht nur inhaltlich an.
Statt einzelne geschlossene Nummern aneinanderzureihen, kreiert Spohr eine neue Form: die des durchkomponierten Oratoriums mit einer stark von Motiven und Harmonik geprägten großen einheitlichen Struktur.
So nimmt die Sinfonia (Einleitung des zweiten Teils) die melodischen Gedanken des Einleitungschors Preis und Ehre wieder auf und zeigt sie sogleich in einer weiter verwandelten Fom. In dem Larghetto nach Selig sind die Toten erscheint sie noch einmal in einer abgewandelten Gestalt, vielleicht als Flashback oder auch als einen visionären Vorausblick auf das Jenseits. Manche instrumentalen Einleitungen nehmen die Atmosphäre vorweg oder wirken als dramatische Kontraste dazu wie im Theater. In dem Schriftwechsel zwischen Textdichter und Komponist ist auch von dieser Einheit und Szenenwirkung die Rede. Eine wuchtige punktierte Tonleiterfigur hat vom ersten Takt an eine führende Bedeutung. Auch diese kommt im weiteren Verlauf in leicht oder stärker abgewandelter Form zurück.
Mit der Etablierung von Musikfesten (Festspielen) in Spohrs Zeit wuchs der Bedarf an Oratorien. Dramatische Oratorien fanden immer mehr Anklang bei Komponisten und Publikum, gerade, wenn sie von der Apokalypse, d.h. der Endzeit, handelten. Sehr wohl vorstellbar für eine Generation, die erleben musste, wie jemand wie Napoleon sich vorgestellt hatte, eine europäische Einheit zu schaffen.
Bruno de Greeve
Programmfolge:
Louis Spohr: „Die letzten Dinge“ (1826)
Oratorium für vier Solostimmen, Chor und Orchester
Ausführende:
Gabriele Schmid: Sopran
Christa Bonhoff: Alt
Dantes Diwiak: Tenor
Joachim Gebhardt: Bass
Chor und Orchester der Universität Hamburg
Leitung: Bruno de Greeve